Gebundene Energie im Körper

Gebundene Energie im Körper

Es ist an sich sehr schwierig bis unmöglich, eine allgemeine Aussage darüber zu treffen, wie sich diese gebundene Energie im Körper anfühlt. Eins ist sicher: Für jeden Einzelnen ist es eine ganz individuelle Erfahrung.

Der erste Schritt ist, überhaupt zu bemerken und zu erkennen, dass da diese Energie ist, welche ihren Ausdruck bisher nicht finden konnte. Denn es manifestiert sich in uns auf verschiedenste Weise. Und je mehr wir versuchen unangenehme Empfindungen, Gedanken, Emotionen, Verhaltensweisen, Eindrücke und unseren Mangel an Verbundenheit zu verdrängen, um so mehr Möglichkeiten der Manifestationen werden sich ergeben. Denn unser Körper wird uns unermüdlich versuchen darauf hinzuweisen, dass da etwas ist, worauf wir schauen sollten.

Gebundene Trauma-Energie ins Fließen zu bringen, bedarf, je nach Tiefe des Traumas, einer Begleitung. Und auch hier ist das subjektive Empfinden für die Tiefe ausschlaggebend. Das ist sehr wichtig zu verstehen. Denn Trauma liegt nicht im Ereignis, sondern in der Überwältigung des Nervensystems und in dem, was im Körper als Reaktion auf ein Ereignis geschieht.

Wenn dann durch die Arbeit mit dem Körper und dem Nervensystem, diese gebundene Energie wieder ins Fließen kommt, wird es richtig spannend. Zum einen, weil hier verschiedene Körperreaktionen stattfinden können, die es zu händeln gilt. Eine Begleitung dabei kann sehr wertvoll sein, da sie uns informieren kann, was gerade geschieht und uns durch diese Phase physisch und emotional begleitet. Zum anderen ist das, was sich im Nachhinein zeigt, oft eine Offenbarung für die Betroffenen und ein Schritt hin zur Integration von ehemals Erlebtem.

Die Integration von Erlebnissen und Erfahrungen, setzt dann nochmals Energien frei, die unsere natürliche Lebendigkeit beleben. Dieses Gefühl kann durchaus herausfordernd sein. Weil man es so noch nie gespürt hat und es im Erleben körperliche Reaktionen gibt, die Trigger-Erfahrungen ähneln, z.B. einen erhöhten Puls, Herzklopfen, der Atem wird evtl. intensiver oder überhaupt spürbar. Das könnte das System leicht dem bisher gewohntem zuordnen und wir könnten dadurch in eine Nervensystemstrategie hinein kommen, die uns schützen möchte. 

An sich ist das etwas Gutes, etwas, das uns bisher auch immer beschützt hat. Doch es ist gut zu lernen und zu erfahren, dass die gleichen körperlichen Reaktionen verschiedene Hintergründe haben können, die im Hier und Jetzt, also im Erleben des präsenten Momentes da sind und dann evtl. nichts mit unseren alten Erfahrungen, unseren negativen alten Erfahrungen zu tun haben.

Wenn wir uns dann in einem Prozess befinden, kann es sein, dass dies in Etappen geschieht. Dass wir bei einer bestimmten Thematik, einem bestimmten Erlebnis oder einer langjährigen vergangenen traumatischen Erfahrung, immer wieder stückchenweise Energie freisetzen. Dies ist auch die angestrebte Variante, in einem traumasensiblen Prozess.

Wenn wir traumatisiert sind, gilt es diese neuen Empfindungen, dieses neue Energiegefühl kennenzulernen, um es besser einzuordnen, zu können. Die somatische Achtsamkeit kann uns dabei helfen, auf verschiedenen Ebenen unseres Körpers die Wahrnehmung zu schulen und durch (Neu)Orientierung eine Landkarte für sich zu erstellen.

Die somatische Achtsamkeit beinhaltet einen achtsamen Blick auf der Ebene der Gedanken, der Bewegungsimpulse im innen und im außen, der Qualität der Sinneswahrnehmung, der Körperempfindungen, der Ebene der Emotionen und Gefühle und unserem Verbundenheitsgefühl. Mehr zu den somatischen Achtsamkeitsebenen in einem kommenden Beitrag.

Lebendigkeit zu erleben, vielleicht das erste Mal im Leben, ist unfassbar schön und berührend. Diese freigesetzte Energie, die bislang und vielleicht für Jahrzehnte in unserem Körper gebunden war, ist dann der Antrieb für weiteres Schönes, das ins Leben kommen darf. 

Unsere Resilienz vergrößert sich, da wir mehr Zugang zu uns selbst bekommen. Mit der Integration dieses neuen Lebensgefühls eröffnen sich uns immer mehr variantenreiche Sichtweisen auf das Leben. Wir sehen vielleicht das erste Mal im Leben, dass wir Optionen haben. 

Ich kann aus meiner Erfahrung heraus sagen, dass sich ein sich hineinbegeben in einen Prozess, einen Heilungsweg, lohnt, ja, dass er wertvoll ist, zuallererst für uns selbst, aber auch für alle und alles, was uns umgibt und die, die nach uns kommen.

Die Arbeit mit uns selbst ist tatsächlich ein Stück weit auch Nächstenliebe. Eine Arbeit, die Früchte tragen wird, für zukünftige Generationen und für alles, was wir in uns tragen. All die Ahnen, die auch in uns leben, erfahren durch unsere Bereitschaft, diesen Weg der Traumaverarbeitung, den Weg zu uns selbst zu gehen, Heilung.

Von Herzen, Tanja